Tarifrunde Textil und Bekleidung West 2023
Widerstand wächst – über 10.000 Beschäftigte im Warnstreik

Die Tarifverhandlungen in der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie stecken in einer heißen Phase. Ein Angebot der Arbeitgeber liegt auf dem Tisch, doch die Beschäftigten machen mit ihren Warnstreiks deutlich, dass ihnen das noch nicht reicht.

10. März 202310. 3. 2023


Sie fordern 8 Prozent, mindestens aber 200 Euro mehr pro Beschäftigten und die Erhaltung der Altersteilzeit – für diese Forderung haben bereits über 10.000 Textilerinnen und Textiler kurzfristig ihre Arbeit niedergelegt. Ob in verkürzten Schichten mit Aktionen vor dem Werkstor oder betriebsübergreifenden Protestaktionen – die Beschäftigten erhöhen den Druck auf die laufenden Tarifverhandlungen deutlich.

Auch nach der zweiten Verhandlung Ende Februar sind IG Metall und Arbeitgeber ohne Ergebnis auseinandergegangen. Ein Angebot der Arbeitgeber liegt zwar auf dem Tisch, ist aber noch weit entfernt von den geforderten 8 Prozent für 12 Monate. Die Fortführung der Altersteilzeit und die soziale Komponente von 200 Euro, damit die niedrigeren Einkommen überproportional profitieren, sind ebenfalls nicht Teil des Angebotes. Am 15. März findet die nächste Verhandlung im nordrhein-westfälischen Kaarst statt. Bis dahin ist mit weiteren Warnstreikaktionen zu rechnen.
 

Zeichen setzen zum Internationalen Frauentag

Am 8. März – dem Internationalen Frauentag – sind knapp 300 Beschäftigte aus fünf Betrieben im nordrhein-westfälischen Düren zu einer gemeinsamen Protestaktion zusammengekommen. Ziel des Protestzugs: Der Sitz der Vereinigten Industrie Verbände. Bei einer lautstarken Kundgebung vor dem Gebäude wurde die Symbolik des Tages noch einmal hervorgehoben.

In der Textil- und Bekleidungsindustrie ist der Frauenanteil vergleichsweise hoch: Rund 43 Prozent der Beschäftigten sind dort weiblich. In der Bekleidungsindustrie arbeiten sogar fast 70 Prozent Frauen „Aber auch hier verdienen Frauen weniger als ihre Kollegen. Daneben leisten sie noch einen Haufen unbezahlter Fürsorgearbeit. Unsere Forderung nach 8 Prozent mehr, mindestens aber 200 Euro soll auch ihnen zu Gute kommen. Sie haben mehr Geld in der Tasche am Ende des Monats verdient“, sagt Miriam Bürger, IG Metall Verhandlungsführerin, am Rande der Aktion.

Motivation in Betrieben ist groß

„Wir alle hier stehen geschlossen hinter der Forderung“, sagt Astrid Ritz, Betriebsrätin bei der Firma Heimbach. Sie nimmt an der Aktion teil, weil sie deutlich machen will, dass die Forderungen nicht überzogen sind – egal was die Arbeitgeber sagen. „Gerade die Betriebe aus Düren, die hier heute mit dabei sind, kommen aus dem Bereich der technischen Textilien. Hier sehen wir eine gute Auftragslage und deshalb jammern die Arbeitgeber auf hohem Niveau.“ Im Zuge des Fachkräftemangels fordert die Betriebsrätin mehr anzubieten, um die jungen Leute auch zu halten. Die Ausbildungsleiterin hat Probleme, die angebotenen Ausbildungsplätze mit Bewerberinnen und Bewerbern zu füllen.

Die fünf Betriebe aus Düren stehen für viele weitere Betriebe, wo sich bislang Textilerinnen und Textiler an den Warnstreiks beteiligt haben. „Wer die Preise kennt, fordert 8 Prozent“ skandieren sie bei ihren Protestaktionen im gesamten Tarifgebiet. Allein im Bezirk Bayern haben sich fast 1000 Beschäftigte in der ersten Warnstreikwoche beteiligt, aber auch in den Bezirken Küste, Niedersachsen, Mitte und Baden-Württemberg ist die Beteiligung der Beschäftigten an den Warnstreiks sehr hoch. „Bei der nächsten Tarifverhandlung Mitte März wird sich zeigen, ob die Arbeitgeber diese Warnzeichen wahrgenommen haben. Die Motivation in den Betrieben ist jedenfalls groß, noch eine Schippe drauf zu legen. Aber wir sind auch an Lösungen interessiert“, sagt Miriam Bürger.

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