"Diese Krise geht an die Substanz des deutschen Schiffbaus. Da können wir uns keine weitere Show-Veranstaltung leisten", sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste. "Von der Konferenz in Rostock muss das Signal ausgehen: Gemeinsam sichern wir die Zukunft des Schiffbaus in Deutschland." Vor Beginn der Konferenz ruft die Gewerkschaft am Montag in Rostock und an zahlreichen anderen Werftstandorten unter anderem in Rendsburg, Kiel, Flensburg, Stralsund, Wismar und Papenburg zu Protesten auf.
Die IG Metall fordert arbeits- und strukturpolitische Maßnahmen. "Wir wollen mit allen Beschäftigten durch die Krise kommen. Dazu brauchen wir eine Verlängerung der Regelungen zur Kurzarbeit im Schiffbau, aber auch in anderen Branchen wie der Flugzeugindustrie", so der IG Metall-Bezirksleiter. Für die Unternehmen müsse gelten: Kurzarbeit und tarifliche Arbeitszeitverkürzungen statt Entlassungen sowie Festanstellungen statt Leiharbeit und Werkverträge. "Den Arbeitgebern sagen wir deutlich: Wer Tarifverträge angreift oder Stammarbeitsplätze gegen billigere Werkverträge austauschen will, wird auf unseren Widerstand stoßen."
Gesamtstrategie fehlt
Eine Chance für die Branche sieht die IG Metall im Klimaschutz. "Mit klimafreundlichen Antrieben und Technologien lässt sich Arbeit auf Werften und bei Zulieferern sichern. Eine von der EU unterstützte Erneuerung der Fährflotte kann für mehr Nachfrage im europäischen Binnenmarkt sorgen", erläuterte Friedrich. "Staatliche Förderung muss für Arbeit und Wertschöpfung bei uns sorgen. Die Reeder, die mit öffentlichen Finanzierungen überwiegend in Südostasien bestellen, müssen dafür stärker in die Pflicht genommen werden."
Die Gewerkschaft mahnt zudem eine Perspektive für den Marineschiffbau in Deutschland an. "Es wird viel über Konsolidierung geredet, aber es fehlt nach wie vor ein Dialog über die Gesamtstrategie, bei dem es auch um die Beschäftigten und Standorte geht", so Friedrich. Entscheidend für die Branche sei, dass die angekündigten Aufträge zügig umgesetzt werden und nicht an einer bürokratischen Vergabepraxis scheitern. "Auch die kleinen Reparaturwerften an den Marine-Standorten dürfen nicht verloren gehen."
Allein auf den Werften sind seit Beginn der Pandemie mehr als 1000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Weitere 5600 sind nach Berechnungen der Gewerkschaft derzeit akut bedroht, hinzukommen Hunderte bei Zulieferern. In den vergangenen Jahren hatte sich die Branche stabilisiert. Der Spezialschiffbau, insbesondere der Passagierschiffbau, sorgte bis Anfang vergangenen Jahres sogar für einen leichten Aufbau an Beschäftigung. In der letzten Schiffbauumfrage, der jährlichen Befragung von Betriebsräten im Auftrag der IG Metall, zählten die Werften 18.115 Beschäftigte.