Im Raum Südoldenburg führen viele Geschäftsführer ihre Betriebe nach patriarchalischem Muster. Mit der Holzhammermethode Mitglieder zu gewinnen, ist für das Team der IG Metall Oldenburg deshalb keine Strategie. Vorsichtig und abwartend erklären sie stattdessen, was die IG Metall ist, und versuchen die Erfolge auf andere Betriebe zu übertragen.
So sind sie bei dem ehemals patriarchisch geführten Unternehmen Pöppelmann in Lohne vorgegangen und konnten dort nach 70 Jahren das erste Mal auf einer Betriebsversammlung reden und sich vorstellen. Der Mitgliederstamm wächst. Beim Maschinenbaubetrieb German Oil Tools GmbH in Vechta setzte die IG Metall 2018 die Neugründung eines Betriebsrats durch. Das Konzept zur Neugründung mit Flyer-Aktionen und Aktiven-Treffen, um die Wahl vorzubereiten, übertrugen sie auf den Nachbarbetrieb M. Knake Blechbearbeitung. Auch im Handwerk konnte die Geschäftsstelle viele neue Mitglieder hinzugewinnen. So ist es dem Team in der Tischlerei Sander gelungen einen Betriebsrat zu installieren. In bisher nicht erschlossenen Kfz-Betrieben waren regelmäßige Ansprachen und Flugblatt-Aktionen der Schlüssel zum Erfolg. Nach Kündigung des Tarifvertrages durch den Arbeitgeber startete im VW-Zentrum Oldenburg eine Tarifbewegung. Der Organisationsgrad steigt auch dort.
Rekrutierung und Einbindung bisher Unentschlossener und Stärkung der Mitglieder in den Betrieben für die Ziele der IG Metall ist eine der Säulen des Erschließungsprojekts im Bezirk. Hierfür sind die Projekte eng mit der politischen Planung der Geschäftsstellen verzahnt. Eine Herausforderung für die IG Metall ist der demografische Wandel. Hierfür gilt es, den Generationenwechsel im ehren- und hauptamtlichen Bereich aktiv zu gestalten.
Die Erschließungsarbeit im Bezirk ist auch mit Themen wie Werkverträgen oder Lohngerechtigkeit eng verknüpft. Wie bei den Piloten und Mechanikern der QinetiQ Kiel. Als der Arbeitgeber eine zugesagte Lohnerhöhung aus dem Haustarifvertrag des Schwesterbetriebs aus Nordrhein-Westfalen nicht zahlen wollte, wandten sich die Kolleginnen und Kollegen an die IG Metall Kiel-Neumünster. Auf dem ersten Treffen wurden Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Aber erst die individuelle Geltendmachung der Ansprüche sorgte dafür, dass der Arbeitgeber einknickte und die Lohnerhöhung nachzahlte.
Die Strategie bei der Erschließung wird an jeden Betrieb angepasst. Bei der QinetiQ Kiel brachten die Kolleginnen und Kollegen das heiße Thema direkt mit. In anderen Betrieben muss das Thema erst aufgezeigt werden. In vielen klein- und mittelständischen sowie Handwerks-Betrieben ist die IG Metall Kiel-Neumünster derzeit aktiv.
Bei der IG Metall Region Hamburg ist das Engineering einer der Schwerpunkte der Erschließungsarbeit. Neben Mitgliederwerbung und Unterstützung bei der Neugründung von Betriebsräten geht es auch darum, das Image der IG Metall unter Hochqualifizierten zu verbessern. Zum Beispiel im Netzwerk IT und Engineering IEnet der Geschäftsstelle. Dort kommen die Aktiven einmal im Monat zusammen, um Themen wie Transformation, agiles Arbeiten oder Lean Konzepte nach vorne zu bringen. Mit der Unterstützung der Gewerkschaft sind auch die Metallerinnen und Metaller beim IT-Dienstleister Atos stärker geworden.
Auch für den Kampf um einen Zukunftstarifvertrag bei thyssenkrupp Fahrtreppen war es wichtig, die Angestellten miteinzubeziehen. Im Zuge des Luft- und Raumfahrtprojekts, das seinen Schwerpunkt bei Airbus hat, gelang es, die betrieblichen Strukturen zu stärken und Zulieferer, Logistiker sowie Leiharbeiter rund um Airbus stärker zu organisieren. Da Hamburg neben den großen auch viele kleinere Betriebe hat, hatte das Erschließungsprojekt bei klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) zum Ziel, auch dort betriebliche Interessensvertretungen zu initiieren oder zu stärken. Wie bei GEA Tuchenhagen, wo es nach Jahren ohne Vertrauenskörper nun wieder Vertrauensleute gibt.
Eine lange Tradition hat der Windbereich bei der Erschließungsarbeit der IG Metall Rendsburg. Bei Vestas etwa ist dank Unterstützung der Gewerkschaft ein Netzwerk von Aktiven entstanden, mit denen der Aufbau von Mitgliedern konstant anstieg. Auch beim Hobby-Wohnwagenwerk sind immer mehr Metallerinnen und Metaller dazugekommen. Bei Wiedemann Technik und FTCAP gelang die Neugründung eines Betriebsrates.
Vorangetrieben wird auch der Aufbau von Jugendstrukturen: Über gezielte Ansprache gründete sich erstmals ein Ortsjugendausschuss innerhalb der Geschäftsstelle. Zudem ist es gelungen, die Zahl der Gremien der Jugend- und Auszubildendenvertretung in den Betrieben zu erhöhen.
Die Auslagerung von Tätigkeiten aus den Stammunternehmen hat zu einem deutlichen Anstieg von Werkverträgen und damit zu Lohndumping und unsicherer Arbeit geführt. Die IG Metall Bremen will diesen Trend stoppen. Im Rahmen des seit 2015 aktiven Erschließungsprojekts in Logistik-Unternehmen im Stahl-, Luftfahrt- und Automobilbereich ist es erfolgreich gelungen, Betriebe neu für die IG Metall zu erschließen, zahlreiche Unternehmen wieder in die Tarifbindung zurückzuholen und die Interessenvertretungen zwischen den Stamm- und Werkvertragsbetrieben enger zu vernetzen. Hinzugekommen sind außerdem viele Neugründungen an Betriebsräten. Hunderte neue Mitglieder sind so in der IG Metall aktiv geworden.
In Zukunft wird das Thema Transformation einen größeren Stellenwert in Erschließungsprojekten einnehmen. Ein Beispiel ist das im September 2019 gestartete Projekt „Digitale Transformation“ der IG Metall Bremen. Es zielt darauf ab, Betriebsratsgremien systematisch an die Veränderungen von Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft heranzuführen und sie dabei zu unterstützen, die Auswirkungen im Betrieb zu erkennen und Veränderungsprozesse zu gestalten.
Die Idee ist, gemeinsam Ansätze zur Gestaltung, Mitbestimmung und Beteiligung zu entwickeln, wie zum Beispiel Betriebsvereinbarungen. Mit speziellen Bildungsangeboten können sich die Kolleginnen und Kollegen parallel dazu fit machen für die bevorstehenden neuen Aufgaben.