Die IG Metall Küste und industriAll Europe haben Politik und Unternehmen aufgefordert, sich stärker für gute Industriearbeitsplätzen im europäischen Schiffbau einzusetzen. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Schiffbau in Europa. Die Werften mit dem erstklassigen Know-how der Beschäftigten und ihren innovativen und immer klimafreundlicheren Schiffen und anderen Produkten sind von strategischer Bedeutung für die Energieversorgung, den Transport und die Sicherheit in Europa“, sagte Isabelle Barthès, amtierende Ko-Generalsekretärin von industriAll Europe, nach einem zweitägigen Treffen von Gewerkschaftern aus Spanien, Belgien, Großbritannien, Niederlande, Frankreich, Italien, Polen, Finnland, Dänemark und Deutschland in Kiel. Die mehr als 30 Teilnehmenden des Netzwerkes Schiffbau von industriAll Europe tagten auf Einladung der IG Metall Küste in der Oceanworld von thyssenkrupp Marine Systems (tkMS) und besichtigen die Werft auch.
Barthès verwies auf die in der vergangenen Woche von den europäischen Gewerkschaften gestarteten Kampagne zur Stärkung der Industrie: „Jetzt müssen die europäischen Staats- und Regierungschefs aktiv werden und einen zukunftsorientierten Plan für industrielle Investitionen verabschieden, der eine widerstandsfähige, faire und nachhaltige Zukunft für die europäische Industrie und unsere Arbeitsplätze fördert. Wenn wir dies nicht tun, wird nicht nur unser industrielles Gefüge untergraben, sondern auch der europäische Zusammenhalt, was verheerende Folgen haben kann. Gute Arbeitsbeziehungen sind auch wichtig, um die Schiffbauindustrie attraktiv zu machen, da der Sektor mit einem weit verbreiteten Fachkräftemangel zu kämpfen hat."
Der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, sieht insbesondere auch die Bundesregierung gefordert: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darf nicht dazu führen, dass uns jetzt das Geld für Investitionen in die Zukunft und den Wandel der Industrie fehlt. Bei der Umstellung auf klimafreundlichere Schiffsantriebe, neuen Schiffstypen etwa für die Offshore-Industrie und der Absicherung von Finanzierungen für den Schiffbau sowie für den Bau von Offshore-Konverterplattformen brauchen wir weiter die Unterstützung durch den Staat. Wir stehen in Deutschland vor einer wichtigen Weichenstellung, bei der es um die Zukunft der Industrie und auch des Schiffbaus geht. In den vergangenen Jahren haben wir durch die Krise insbesondere im Kreuzfahrtschiffbau tausende gute Industriearbeitsplätze in der Branche verloren. Jetzt gilt es, die restlichen 15.000 Arbeitsplätze auf den deutschen Werften zu erhalten und neue aufzubauen.“
Stephanie Schmoliner, Geschäftsführerin der IG Metall Kiel-Neumünster, begrüßte die Teilnehmenden der Tagung am Dienstag zu einem Empfang im Gewerkschaftshaus: „Kiel kann auf eine lange und reiche Tradition demokratischer Bewegungen zurückblicken. Mehrfach stand die Stadt im Brennpunkt sozialer Auseinandersetzungen. In den ersten Novembertagen 1918 erhoben sich hier Matrosen und Werftarbeiter um dem damaligen Krieg ein Ende zu setzen. Sie schlossen sich mit der Arbeiterbewegung in der Stadt zusammen. Dieses Bündnis wurde zum Vorbild und war der Start der Demokratie in ganz Deutschland“, so die Gewerkschafterin. Sie erinnerte auch an den Streik für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 1956 in Kiel, der schließlich den entscheidenden Durchbruch in der deutschen Sozialpolitik gebracht habe.
Achim Hass, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von tkMS, dankte den Gewerkschaftern für ihren Besuch in Kiel. „Thyssenkrupp strebt eine Verselbstständigung ihrer Marinesparte an. Nach einer Konsolidierung in Deutschland sind für Unternehmen und Politik auch Partnerschaften in Europa vorstellbar. Für uns als Arbeitnehmervertreter in den unterschiedlichen Ländern ist es deshalb entscheidend, frühzeitig belastbare Kontakte untereinander aufzubauen. Dazu hat das von der IG Metall und IndustriAll Europe organisierte Treffen bei uns auf der Werft einen wichtigen Beitrag geleistet. Mein Dank gilt auch der Geschäftsführung für den offenen Austausch und die Unterstützung bei der Veranstaltung.“
IndustriAll European Trade Union vertritt die Stimme von 7 Millionen Arbeitnehmer*innen in den Lieferketten des verarbeitenden Gewerbes, des Bergbaus und der Energiebranche in ganz Europa. Wir schützen und fördern die Rechte der Arbeitnehmer*innen. Unserem Verband gehören 200 Mitgliedsorganisationen in 39 europäischen Ländern an. Unser Ziel ist es, auf der europäischen politischen Bühne gegenüber europäischen Unternehmen, europäischen Industrien, Arbeitgeberverbänden und europäischen Institutionen ein starker Akteur zu sein. Mehr zu der Kampagne für gute Industriearbeitsplätze gibt es hier: Good Industrial Jobs (industriall-europe.eu)
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Heiko Messerschmidt
Bezirkssekretär IG Metall Bezirk Küste