Schiffbau Schiffbau-Befragung: Werften blicken optimistisch in die Zukunft – Auftragslage nimmt zu

Betriebsräte-Befragung: 57 Prozent der Unternehmen erwarten eine Zunahme der Auftragslage in den kommenden zwei Jahren - IG Metall-Bezirksleiter Friedrich: „Erstmals wieder positive Perspektiven für den Aufbau neuer Arbeitsplätze.“

Schiffbau

10. Oktober 2025 10. Oktober 2025


Die Betriebsräte der Werften in Norddeutschland blicken optimistisch in die Zukunft. Bei der jährlichen Schiffbauumfrage der IG Metall Küste gaben 57 Prozent der befragten Betriebe an, eine Zunahme der Aufträge in den kommenden beiden Jahren zu erwarten. Im Vorjahr waren das nur 37 Prozent. Parallel dazu soll die Zahl der Beschäftigten steigen: 58 Prozent (Vorjahr: 35 Prozent) rechnen mit einer Zunahme der Beschäftigtenzahl, nur 8 Prozent (Vorjahr: 22 Prozent) erwarten eine Abnahme. 

 

„Die Beschäftigung auf den norddeutschen Werften stabilisiert sich – wenn auch mit leichtem Abbau. Zugleich sehen wir erstmals wieder positive Perspektiven für den Aufbau neuer Arbeitsplätze. Dass dies möglich ist, ist der Verdienst der IG Metall, der Belegschaften, der Betriebsräte und jener Teile der Politik und Arbeitgeber, die sich in den vergangenen Jahren – auch in den schwersten Zeiten – konsequent für den Erhalt und die Zukunft der Werften eingesetzt haben“, erklärte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste bei der Vorstellung der Studie in Hamburg. „Die Zukunft der Werften liegt weiterhin in einer Kombination aus kluger Industriepolitik, gemeinschaftlichem Handeln und der Sicherung von Know-how in Norddeutschland.“ 

 

Ein Treiber der Entwicklung ist der Marineschiffbau. Durch die veränderte geopolitische Lage steigt die Nachfrage nach U-Booten und Militärschiffen. Gerade mit Blick auf eine gemeinsame europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sei eine industriepolitische Offensive notwendig. „Wer ernsthaft über eine europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik spricht, muss auch gemeinsame europäische Projekte schaffen. Dafür braucht es eine schlagkräftige deutsche Organisation als Partner in Europa. Ein nationaler Champion wird dies ohne Staatsbeteiligung nicht schaffen können“, so Friedrich. Dabei müssten auch Werften sowie die regionalen Zulieferer durch Kooperationen und Auftragsvergabe außerhalb von NVL und TKMS einbezogen werden. „Es ist Arbeit für alle da.“ 

 

 „Im zivilen Bereich des Schiffbaus muss neben dem Bau von Passagierschiffen endlich der Durchbruch bei Offshore-Plattformen gelingen. Das ist unabdingbar für den Schiffbau an der Küste und die Energiewende in Deutschland“, appellierte Friedrich. Die Werften und ihre Zulieferer seien ein zentraler Pfeiler industrieller Wertschöpfung in Norddeutschland. „Schiffbau darf sich nicht allein auf Marine fokussieren. Wir brauchen weiterhin ein ziviles Standbein. Gerade mit Blick auf eine Zeit in der wieder Frieden und Dialog die Tagesordnung bestimmt.“ 

In diesem Jahr ist die Zahl der Stammbeschäftigten erstmals seit drei Jahren wieder zurückgegangen: 14.754 Beschäftigte arbeiten derzeit auf den Werften - das sind rund 6,8 Prozent weniger als 2024 (damals: 15.824). Mehr als die Hälfte der Betriebe meldet eine vollständige Auslastung.  

 

Trotz guter Perspektiven steht die Branche weiterhin unter hohem Anpassungsdruck. Jeder zweite Betrieb plant oder vollzieht Restrukturierungen – von organisatorischen Veränderungen über Modernisierungen bis hin zu Verlagerungen und Massenentlassungen. „Der gemeinsame Einsatz ist weiterhin notwendig, um gute und sichere Arbeitsplätze an der Küste zu halten“, sagte Friedrich. 

Die Fachkräftesicherung bleibt eine zentrale Herausforderung: 73 Prozent der Betriebe berichten über massive Probleme bei der Stellenbesetzung, insbesondere in Technik und Engineering. Die Altersstruktur verschärft die Lage zusätzlich – mit einem Durchschnittsalter von rund 44 Jahren und einem hohen Anteil älterer Beschäftigter. Die Ausbildungsquote stagniert bei 5,3 Prozent und nur 58 Prozent der Betriebe konnten alle Ausbildungsplätze besetzen. 

Die Gewerkschaft stellte zum 35. Mal seit 1991 die Schiffbauumfrage in den fünf norddeutschen Bundesländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein vor. In diesem Jahr war die AgS (Agentur für Struktur- und Personalentwicklung) in Kooperation mit wab (Agentur für Struktur- und Personalentwicklung/Wirtschaft und Analyse für Betriebsräte) mit der Durchführung und Auswertung beauftragt. Befragt wurden die Betriebsräte von 25 Werften, die sowohl den militärischen als auch den zivilen Schiffbau repräsentieren.